In den letzten Monaten haben viele von uns einen noch größeren Teil ihres Lebens online verbracht. Die Unternehmensberatung Accenture sieht uns gar am Beginn eines „Jahrzehnts des Zuhauses“. Tatsache ist: Die Art und Weise, wie wir einkaufen, essen, trainieren und uns unterhalten, hat sich verändert. Der Erfolg von Zoom und Clubhouse wäre vor Corona kaum denkbar gewesen. Das hat natürlich auch einen Einfluss darauf, wie Unternehmen Menschen mit einer klugen Payment Journey erreichen.
Die Stay at home-Economy.
Auf einer digitalen Veranstaltung sprach ich kürzlich über die Stay-at-home-Economy. Gemeint ist damit der nach Hause gelieferte Konsum. 44 Prozent der Produkte, die zuvor nur in den Innenstädten gekauft wurden, werden heute erstmals online erworben (Quelle: Studie Shape of Retail). Insbesondere für die Generation der Baby Boomer (59 Jahre und älter) wurde der digitale Einkauf während des Lockdowns zur Normalität.
Was das Fortschreiten der Digitalisierung betrifft, treffen Prognosen, die Forscher für die nächsten zehn Jahre erstellt haben, schon in diesem Jahr zu. Warum mich das als CEO eines Inkassounternehmens interessiert? Das Konzept von PAIR Finance folgt den Targeting-Techniken der Werbebranche: Mithilfe von Big Data und Erkenntnissen aus der Verhaltensforschung helfen wir Verbrauchern mit einer individuell zugeschnittenen Ansprache dabei, ausstehende Forderungen schnell zu begleichen.
Das aktuelle Bezahlverhalten.
Währenddessen meldet der jährliche Schuldneratlas einen leichten Rückgang der Zahl verschuldeter Verbraucher in Deutschland. 2020 waren 6,85 Mio. Menschen verschuldet, in 2019 waren es 6,9 Mio. Die Studie vermutet: Die Verschuldungsquote könnte in den kommenden Monaten ansteigen (Quelle: Creditreform 2020).
Die Art und Weise, wie Menschen Rechnungen begleichen, hat sich in der Corona-Pandemie ebenfalls verändert. Mehr als drei Viertel (79 Prozent) der Bundesbürger geben an, in den drei Monaten von September bis November bis zum jüngsten Lockdown mit der Schließung der meisten Geschäfte mindestens einmal kontaktlos mit Karte, Smartphone oder Smartwatch bezahlt zu haben (Quelle: Bitkom 2021). iPhone & Co. Gewinnen also weiter an Bedeutung für die Payment Journey.
Der DISA-Ansatz.
Das bringt mich zum DISA-Ansatz, mit dem ich die Faktoren eines erfolgreichen Bezahlerlebnisses beschreibe. Viele Unternehmen sind es gewohnt, entlang der Customer Journey um die Aufmerksamkeit ihrer Kunden zu buhlen. Ich plädiere dafür, diesen Ansatz auf die Payment Journey auszuweiten. Denn: Bezahlen sollte zum positiven Erlebnis werden. Bei PAIR Finance konzentrieren wir uns auf die folgenden Schritte: Digital-First, Impulse setting, Self-determination und Appreciation.
Digital First. Durchschnittlich blicken wir 87 Mal täglich auf unser Mobiltelefon. Näher am Verbraucher zu sein ist heute also nur möglich, wenn man konsequent digitale Wege geht. Ein perfektes Bezahlerlebnis bietet bequeme Möglichkeiten, wie mobile Zahlungen, Zahlungen mit einem Klick, automatische Abonnementverlängerungen, einfache Ratenzahlungen, kontaktlose Kartenzahlungen, digitale Geldbörsen und andere „unsichtbare“ Zahlungsmethoden.
Impulse setting. Den richtigen Impuls setzen. Dabei hilft Künstliche Intelligenz. Intelligente Algorithmen verfolgen das Benutzerverhalten und bestimmen, wie der individuelle Kunde am besten erreicht werden kann oder wann eine menschliche Interaktion angebracht ist. Social Media und Direct Messenger spielen eine immer größere Rolle. Hier gilt: The Medium is the Message – und kann die Aufmerksamkeit schaffen, die beim Thema Payment nötig ist.
Self-determination. Ein breites Spektrum an Bezahlmethoden steht im Mittelpunkt, wenn es um selbstbestimmtes Payment geht. Drei Optionen haben sich hier als optimales Angebot erwiesen. Einfach zu tätigende Ratenzahlungsvereinbarungen und die Freiheit, über den Bezahlzeitpunkt zu bestimmen sind ebenso wichtig. Für das Forderungsmanagement gilt: Transparent kommunizieren, aber keinen unnötigen Druck aufbauen.
Appreciation (Make a positive difference). Ein gern von Business-Guru Simon Sinek gebrachtes Beispiel für Markenbranding lautet: „Inspirierte Unternehmen zeigen, woran sie glauben und warum sie tun, was sie tun”. Von ihrer Vision motiviert würden solche Unternehmen die Gefühle der Menschen ansprechen indem sie ihr „Warum” mitverkaufen – gleich ein ganzes Lebensgefühl also. Übertragen auf den Bezahlprozess: Den Verbraucher mit einer angenehmen UX willkommen heißen und ihm bei Bezahlung, Rechnungsstellung und Erinnerung auf Augenhöhe begegnen. Ihm schnelle Lösungen bieten in einem Raum, in dem er sich wohl und sicher fühlen kann.
Mein Fazit.
Die Paymentbranche war schon immer disruptiv, lange bevor der Begriff in der Fintech-Ära zum Buzzword wurde. Auch wenn sich viele der früheren Disruptionen eher als Evolutionen denn als Revolutionen entpuppten (wie z. B. das Verschwinden von Schecks oder die bis vor Kurzem recht zähe Verbreitung mobiler Wallets): Die Veränderungen der letzten Monate sind stärker als je zuvor. Technologie und Digitalisierung haben in der Pandemie einen kräftigen Schub erfahren. Dies verändert die Anforderungen an die Payment Journey 2021. Versicherungen, E-Commerce, Financial-Services, TelKos und Mobility-Unternehmen – sie sollten jetzt damit beginnen, auf die neuen Kundenanforderungen einzugehen.